von Willi Schuld

Geschichte der St. Sebastianus Bruderschaft 1681

Nach den Wirren und Schrecken des 30jährigen Krieges, in dessen Folge sich verheerende Epidemien in ganz Europa ausbreiteten und die Pest Tausende Menschen einfach hinwegraffte, wurde eine tiefere Besinnung der Menschen spürbar. infolge dieses Umdenkens enstand all­überall blühendes religiöses Leben. In dieser Zeit wurden eine Reihe ordensverwandter Gemeinschaften, die soge­nannten Kongregationen gegründet. 1654 waren dies die die Lazaristen, 1658 die Vinzentinerinnen, 1664 die Trappisten und und 1681 die Schulbrüder. Eine weitere Folge war die Stiftung vieler Laiengemeinschaften, der so­genannten Bruderschaften. In der näheren Umgebung wurden zum Beispiel in Sinzig 1636 die Muttergottes­bruderschaft und 1652 die Matthiasbruderschaft, in Remagen 1650 die Sebastianusbruderschaft und 1679 die Matthiasbruderschaft, in Westum 1625 die Bruderschaft zu den sieben Schmerzen Mariens, in Löhndorf 1693 die Bruderschaft zu Ehren der schmerzhaften Mutter, in Heimersheim 1665 die Skapulierbruderschaft, in Waldort 1694 die Muttergottesbruderschaft, in Bengen 1699 die Lambertusbruderschaft und in Altenahr 1693 die Seba­stianusbruderschaft gegründet.

Bei der Einweihung: Dechant Peters, Pastor Czecholinski

Die Pest, die große Heimsuchung der damaligen Zeit, machte vor den Toren Bodendorfs nicht halt. In den Jahren 1666-1668 starben allein in Bodendorf von ca. 350 Ein­wohnern 125 an Pest. Aus dem Elend und der Not dieser Zeit wurde die St. Sebastianus Bruderschaft gegründet. Im Vorwort der heutigen Satzungen heißt es dazu: Gründungs­anlaß war die Versorgung der Pestkranken und die Be­stattung der Pesttoten. Beim Kapitel 1957 erwähnte Pfarrer Oskar Czecholinski, daß die Bruderschaft 1681 gegründet worden sei, bei der Einweihung der Sebastianuskapelle 1953 nannte er, als Gründungsdatum der Bruderschaft das Jahr 1678. Dieses Jahr könne man einwandfrei nach­weisen. Im Pfarrarchiv wird die Bruderschaft erstmals 1684 erwähnt. Wir können sicher annehmen, daß diese ersten urkundlichen Beweise vorhanden sind, waren aber bisher nicht in der Lage, sie zu sichten.

Pestkreuz von 1680

Auch das in der Kirche vor­handene Wandkreuz, Pestkreuz genannt, eine Holzkartusche mit Knorpelwerkrahmen, 170 cm hoch mit den auf­gemalten Buchstaben B.B.S.L. aus dem Jahre 1680 erinnert an die Pestzeit. Die Buchstaben sind verschiedentlich mit Bruderschaft Bodendorf Sebastianus gedeutet worden. Diese Deutung, die jedoch das „L“ unberücksichtigt läßt, kann nicht aufrecht erhalten werden. Dieses Kreuz (mit Hausmarke) wurde von den Eheleuteri Barthel Becker und Sophia Laubs zusammen mit einer Singmesse gestiftet. (Singmesse am 710″ Januar, Lagerbuch der Pfarrei Boden­dorf, S. 7.) Eine eigene Bodendorfer Kirche wird erstmalig im „Liber valoris“ der Erzdiözese Köln zu Anfang des 14. Jahr­hunderts als Filialkirche von Remagen erwähnt. Bodendorf besaß aber längst vor Errichtung und Erhebung zur Pfarrei besondere Rechte allein durch die weltlichen Herren und Klöster, die in Bodendorf Grundbesitz und Einfluß hatten. Um 1784 wurde die Filialkirche zur Pfarrkirche erhoben und Bodendorf als selbständige Pfarrei geführt. Es entstand ein eigenes kirchliches Gemeindeleben, ein beredtes Zeugnis dafür ist das Vesperbild, die Pieta, in der Kirche. Diese edle niederrheinische Holzarbeit stammt aus der 2. Hälfte des 17.Jahrhunderts. Auch diese Pieta hängt in irgendeiner Weise mit der Sebastianusbruderschaft zusammen, denn von hier aus ist der Ursprung der Wallfahrt zur Muttergottes nach Keil im Brohltal. Pest und Cholera gelten längst als besiegt, doch eine Krankheit greift wie die Pest immer mehr und weiter um sich -der Materialismus. Diese Massenseuche, sagen die Psychologen und Mediziner, bringt zwar keinen todbrin­genden Virus mit sich, geißelt aber am meisten und nach­haltigsten die Seele des modernen Menschen. Diesem materialistischen Zeitgeist setzt die Bruderschaft bewußt christliche Grundsätze und Werte entgegen. Nach§ 2 der Satzungen will die Bruderschaft christliche Grundsätze und Anliegen im privaten und öffentlichen Leben verwirk­lichen. Dieser Zweck wird insbesondere erreicht durch den Ausgleich sozialer und konfessioneller Spannungen im Geiste echter Brüderlichkeit, durch Werke christlicher Nächstenliebe, durch Hilfe in jeder Art von Not, durch den Dienst für das Gemeinwohl, durch die Errichtung und die Erhaltung christlicher Denkmäler und durch die Pflege der Geselligkeit und Heimatverbundenheit.

Sebastianus-Kapelle

Der Errichtung und Erhaltung christlicher Denkmäler hat die Bruderschaft in den letzten Jahrzehnten ihr besonderes Augenmerk geliehen. Als 1940 die in den Jahren 1864/65 erbaute Sebastianuskapelle beim Bau der Umgehungs­straße auf Weisung der OKW wegen der zu engen Orts­durchfahrt abgerissen wurde, faßte man den Beschluß, sie sobald wie eben möglich an andere Stelle wieder aufzu­bauen. Ursprünglich war der Plan ins Auge gefaßt worden, sie auf dem Friedhof aufzubauen. Nach langwierigen Ver­handlungen mit den zuständigen Stellen, in deren Verlauf die Sebastianusbruderschaft am 30. 5. 1952 ins Vereins­register des Amtsgerichtes Sinzig eingetragen werden mußte, wurde am 13. 9. 1953 mit dem Bau der Sebastianus­kapelle begonnen und bereits am 13. 12. 1953 die Ein­weihung der Kapelle gefeiert. Das von der Straßenbauver­waltung der Bruderschaft übereignete Grundstück liegt an der Kreuzung Bundesstraße 266 mit der Ortseinfahrt und damit in unmittelbarer Nachbarschaft des alten Standorts. Im Jahre 1962 errichtete die St. Sebastianusbruderschaft ein Wegkreuz in der Schützenstraße mit der Aufschrift „Rette deine Seele“. Nachweislich hat an gleicher Stelle jahrhundertelang ein Kreuz gestanden, als Gedenken an einen an dieser Stelle erlittenen Unfall -oder Blitztod. Im letzten Jahre wurde um das Wegkreuz herum Verbund­pflaster verlegt und das Ganze mit einer Ligusterhecke ein­gerahmt. Für den jahrhundertelang am Westausgang des Ortes stehenden Matthiasbildstock, der dem Zahn der Zeit zum Opfer fiel, beschloß das Kapitel der Bruderschaft 1979 eine Matthiaskapelle als Andachts-und Schutzkapelle zu bauen. In wenigen Wochen wird die Kapelle mit der Anlage um die Kapelle fertiggestellt sein und die Einwehung der Kapelle kann bei den Feierlichkeiten anläßlich des 300jährigen Be­stehens festlich vorgenommen werden.

Beim Kapitel 1979 wurde darüberhinaus beschlossen, die aus dem Jahre 1952 stammende Satzung zu überarbeiten, sie zeitgemäß zu ändern und der Zeit anzupassen. Eine Satzungskommission mit den Mitgliedern Hans Haffke, Walter Knechtges, Martin Fiene, Robert Frings, Wolfgang Kolb, Willi Gilles und Winfried Schmitz erarbeitete mehrere Entwürfe, bei denen vor allem gemeinnützige, besonders förderungswürdige Aspekte herausgearbeitet wurden. Um die Arbeiten für die Satzungen haben sich besonders ver­dient gemacht: Hans Haffke sen., Hans Haffke jun., Martin Fiene und Walter Knechtges. Mit Wirkung vom 19. 1. 1980 traten die neuen Satzungen anstelle der alten vom 7.4. 1952 in Kraft.

Fußend auf einer Jahrhunderte alten Tradition der kirch­lichen Verbundenheit und des brüderlichen Miteinander setzte das Kapitel der Bruderschaft vom 20. 1. 1979 einen beachtenswerten Meilenstein mit der Aufnahme evan­gelischer Christen in die Bruderschaft. Freiherr von Stein war als Freund von Pastor Fey vielleicht auch Mitglied der St. Sebastianusbruderschaft, so befanden sich alle in guter Gesellschaft, die für die Aufnahme evangelischer Christen stimmten. Es war eine säkulare Entscheidung. Ohne Zweifel bedurfte sie vor allem für die älteren Mitglieder einer weiteren Erläuterung und tieferen Begründung, nicht etwa als Entschuldigung oder Rechtfertigung des vollzogenen Schrittes, sondern um das ganze Anliegen transparent zu machen. Jahrhundertelang haben beide Seiten Schuld auf sich geladen und ein Feindverhältnis aufgebaut. Nun ist es endlich an der Zeit, statt Feindschaft Solidarität zwischen den Christen aufzuzeigen. Gegenseitige Achtung und An­erkennung müssen zwischen Christen herrschen. Evange­lische Christen sollen in der Bruderschaft unsere Mitbrüder sein.

Um ihrem christlichen Anliegen auch im Alltag gerecht zu werden, wird die Sebastianusbruderschaft in jedem Jahr in der Nacht zum Palmsonntag einen Bußgang der Männer durchführen. So geschah es zum ersten Mal am 29.3.1980, daß sich viele Männer um 22 Uhr an der Kirche trafen und den Rosenkranz betend zur Kapelle Zierd-Heck pilgerten, wo der Präses der Bruderschaft die Nachtmesse hielt und eine Bußpredigt an die mitgezogenen Männer richtete. In Zukunft ist daran gedacht in einem Jahr zur Waldkapelle und im anderen Jahr zur Matthiaskapelle zu pilgern.

Zwei Ausschüsse haben sich im letzten Jahr besonders um die Arbeiten für die Bruderschaft sehr verdient gemacht. Sie wurden vom Kapitel eingesetzt, um die notwendigen Vor­arbeiten für die 300-Jahr-Feier vorzubereiten. Es ist dies einmal der Bauausschuß bestehend aus den Mitgliedern Hans Josef Hoppe, Helmut Scheme, Josef Bauer, Peter Josef Bauer, Willi Gilles, Helmut Heuser, Josef Krahm, Paul Lehmann, Wilhelm Manhillen und Hans Walter Schlagwein. Dieser Ausschuß zeichnet verantwortlich für die Planung und die Erstellung der Matthiaskapelle. Bis auf wenige Kleinigkeiten sind sie ihrem Auftrag gerecht geworden und haben ein Jahrhundertwerk der Bruderschaft für unsere Heimat Bad Bodendorf erstellt. Der andere ist der Festaus­schuß mit den Mitgliedern Robert Frings, Dr. Karl August Seel, Norbert Rauen, Bruno Becker, Peter Scheuer, Otto Simons, Hans Werner Schmitz und Winfried Schmitz. Sie sind zuständig für die Finanzierung der Matthiaskapelle, das Erstellen und die Herausgabe der Festzeitschrift und für die Organisation der Festlichkeiten anläßlich des 300- jährigen Bestehens der Bruderschaft. Allen Mitbrüdern, die geholfen haben dieses Vorhaben zu verwirklichen gilt mein besonderer Dank. Diesen Dank möchte ich auch aus­sprechen all jenen Herren, die in weltlichen und geistlichen Institutionen unserem Wollen ihre Unterstützung gaben.

Die Bruderschaftsfahne bei der Frohnleichnamsprozession 1960, Fähnrich P. Orth

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